Erstniederlassung: Übernahme einer Zahnarztpraxis bleibt beliebteste Gründungsform

Im vergangenen Jahr haben sich mehr als 1.100 Zahnärztinnen und Zahnärzte erstmals niedergelassen. Wie eine Auswertung von IDZ und apoBank zur Finanzierung von 455 allgemeinzahnärztlichen Existenzgründungen zeigt, setzen sich bestimmte Trends aus den vergangenen Jahren, wie das höhere Alter bei der Niederlassung, fort. Der Übernahmewert, den Praxisabgeber erzielten, war hingegen deutlich niedriger als 2023.

Trotz aller Bürokratielast und mangelbehafteter Digitalisierung im Gesundheitswesen bleibt der Niederlassungswille in den Reihen der nachkommenden Generation an Zahnärztinnen und Zahnärzten ungebrochen. Im vergangenen Jahr ließen sich deutschlandweit 1.122 Kolleginnen und Kollegen erstmals nieder – etwa zehn Prozent weniger als 2023. Die Übernahme einer bestehenden Einzelpraxis blieb auch 2024 für die zahnärztlichen Existenzgründer die bei Weitem beliebteste Form der Erstniederlassung.

Dies spiegeln Daten von 455 Praxisfinanzierungen wider, die die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (apoBank) begleitet und zusammen mit dem Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) ausgewertet hat. Aufbereitet und kommentiert wurden die – nicht repräsentativen, aber sehr aussagekräftigen – Daten im jüngsten „InvestMonitor Zahnarztpraxis“. Beleuchtet werden dabei unter anderem die Höhe des Investitionsvolumens, die Höhe des bei einer Praxisübernahme zu zahlenden Kaufpreises, die Höhe der Praxisinvestitionen, die Art der Existenzgründung (Praxisform) sowie Alter und Geschlecht der Existenzgründenden.

Gros der Niederlassungen erfolgt im Alter zwischen 35 und 44 Jahre

Wie bereits im Vorjahr erfolgten 48 Prozent der allgemeinzahnärztlichen Neuniederlassungen im Jahr 2024 durch Frauen, 52 Prozent durch Männer. Dies spiegelt auch fast punktgenau die Zusammensetzung der praktizierenden Zahnärzteschaft wider – der Frauenanteil lag hier nach Angaben der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) im vergangenen Jahr bei 48,1 Prozent. Angesichts des in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigenden Frauenanteils an den Studienabschlüssen in der Zahnmedizin – die 70-Prozent-Marke ist nicht mehr weit entfernt – ist die Frage mehr als legitim, welche Folgen dies für potenzielle Praxisabgeber in der näheren Zukunft haben wird.

Denn – und das zeigen die Daten auch – das Durchschnittsalter der zahnärztlichen Existenzgründer bei der Erstniederlassung hat sich mit 36,6 Jahre weiter nach hinten verschoben, 2023 lag es noch bei 36,1 Jahre. Die männlichen Existenzgründer waren durchschnittlich 35,7 Jahre (2023: 35,1 Jahre), die weiblichen Existenzgründer im Schnitt 37,6 Jahre (2023: 37,2 Jahre) alt. „Die Entscheidung zur Existenzgründung wird heute generell später getroffen als noch vor 30 Jahren. Im Jahr 1995 lag das Durchschnittsalter noch bei 33,6 Jahren; allerdings gab es damals auch noch nicht die Möglichkeit, vor einer Niederlassung noch über einen gewissen Zeitraum in Anstellung zu arbeiten“, kommentieren die Autoren die aktuelle Situation.

Den Schritt in die Selbstständigkeit wagten mit einem deutlich höheren Anteil von 41,8 Prozent eher die Zahnärzte im Alter zwischen 25 und 34, bei den Zahnärztinnen lag er aber immerhin bei 30,7 Prozent in dieser Altersgruppe. Das Gros der zahnärztlichen Existenzgründungen fand dann in der Altersspanne zwischen 35 und 44 Jahre statt – mit 57,4 Prozent bei den Frauen und 51,9 Prozent bei den Männern. In der Altersklasse 45 Jahre und älter überwiegt dann der Frauenanteil mit 11,9 Prozent deutlich den Wert bei den männlichen Kollegen, von denen dann nur noch 6,3 Prozent den Weg in die Erstniederlassung beschritten.

Jeder Vierte entscheidet sich für eine BAG

Laut InvestMonitor blieben auch 2024 die beiden klassischen Formen der Einzelpraxis und der Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) die beliebteste Art der zahnärztlichen Existenzgründung. 72,5 Prozent der ausgewerteten Finanzierungsfälle entfielen demnach auf Einzelpraxen und 26,6 Prozent auf (überörtliche)BAG. Mit 0,9 Prozent fiel die Anzahl der finanzierten Praxisgemeinschaften so gering aus, dass diese Form der Existenzgründung bei der Datenerhebung außen vor gelassen wurde. Von den zahnärztlichen Praxen in Deutschland firmierten 2024 laut KZBV 79,8 Prozent als Einzelpraxen, 16,4 Prozent als BAG und 3,9 Prozent als Medizinische Versorgungszentren (MVZ).

Wie es seitens des IDZ einordnend heißt, sei der BAG-Anteil im Zeitablauf deutlich gestiegen, nämlich von 7,5 Prozent im Jahr 1991 auf 19,1 Prozent in 2007 – in jenem Jahr trat das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) in Kraft. Seither sei der BAG-Anteil jedoch wieder um knapp drei Prozentpunkte gesunken. Seit der Öffnung der Versorgung für fachgruppengleiche MVZ im Jahr 2015 durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) steige hingegen der MVZ-Anteil kontinuierlich – dies resultiere aber zu einem Großteil aus der rechtlichen Umfirmierung von BAG in MVZ.

Übernahme bietet mehr Flexibilität bei Investitionsentscheidungen

Lediglich etwas mehr als 7 Prozent der Existenzgründer ließen sich über eine reine Neugründung nieder, sei es in Form einer Einzelpraxis (5 Prozent) oder aber einer BAG (2 Prozent). Das heißt, bei der Erstniederlassung sind angehende Praxischefs durchaus bereit, Abstriche bei den persönlichen Vorstellungen hinzunehmen. Der offensichtliche Hauptgrund: Bei einer Übernahme können zwar in der Regel nicht alle individuellen Vorstellungen hinsichtlich Praxislage und -ausstattung erfüllt werden, aber der übernehmende Zahnarzt hat durch den im Regelfall fließenden Praxisübergang die Chance, den vorhandenen Patientenstamm durch seine fachliche Expertise und empathische Zuwendung an sich zu binden.

Der wirtschaftliche Vorteil einer Praxisübernahme besteht in der Option, Investitionsentscheidungen zeitlich zu strecken und den sich verändernden ökonomischen Rahmenbedingungen anzupassen. „Die Wirtschaftlichkeit einer Investition lässt sich nach begonnenem Praxisbetrieb präziser abschätzen als in der theoretischen Planungs- und Vorbereitungsphase“, konstatieren die Autoren der Erhebung in diesem Zusammenhang.

Und ergänzen: „Die Neugründung stellt auch deshalb aktuell eine recht seltene Niederlassungsform dar, weil sich auf dem Praxisabgabemarkt mittlerweile ein deutliches Überangebot etabliert hat, aus dem Existenzgründende wählen können. Dies war nicht immer so: So lag der Anteil der Einzelpraxisneugründungen im Jahr 1992 beispielsweise noch bei 60 Prozent (in den alten Bundesländern waren es 42 Prozent, in den neuen Bun-desländern wiedervereinigungsbedingt sogar 89 Prozent aufgrund zahlreicher Erstniederlassungen).“

Massive Spannbreite beim Kaufpreis

Insgesamt 306 zahnärztliche Einzelpraxisübernahmen finanzierte die apoBank im vergangenen Jahr. Der Kaufpreis belief sich dabei im Schnitt auf 226.000 Euro – und machte damit lediglich einen Anteil von 50 Prozent an den gesamten Praxisinvestitionen aus. 2023 waren es bei einem durchschnittlichen Kaufpreis von 247.000 Euro noch 53 Prozent. Ergänzend werden in der Regel nämlich Investitionen in die Modernisierung bzw. den Umbau der übernommenen Praxis getätigt, es werden üblicherweise zusätzliche medizinisch-technische Geräte erworben oder altes gegen neues Equipment ausgetauscht. Gleiches gilt für die Praxiseinrichtung (Möbel etc.) und die IT.

Allerdings resultiert der durchschnittliche Kaufpreis von 226.000 Euro in 2024 aus einer massiven Spannbreite innerhalb der betreuten Finanzierungen. So erzielte die jeweilige Praxisabgeberin oder der jeweilige Praxisabgeber in 21 Prozent der Fälle einen Kaufpreis von weniger als 100.000 Euro. In der Spitze berappten die Praxisnachfolger in 7 Prozent der Fälle eine halbe Million Euro oder mehr als Obolus an den Abgeber.

Ein Anteil von im Schnitt 8 Prozent des Investitionsvolumens entfiel auf die Modernisierung bzw. den Umbau der Praxisräumlichkeiten, 18 Prozent auf den Kauf medizinisch-technischer Geräte, 6 Prozent auf die Praxiseinrichtung inklusive IT und weitere 18 Prozent auf sonstige Investitionen inklusive Betriebsmittel. Unter Letzteren subsumiert der InvestMonitor solche Aufwendungen, mit denen viele Existenzgründer in den ersten Jahren den laufenden Praxisbetrieb finanzieren. Darunter fallen unter anderem Material und Warenlager, Mieten, Gehälter und andere laufende Kosten, etwa für Versicherungen oder Werbeausgaben.

BAG-Übernahme: Herbe Verluste für Abgeber

Insgesamt 62 BAG-Übernahmen finanzierte die apoBank 2024. Auffällig ist hierbei, dass die Abgeber mit im Schnitt 203.000 Euro einen im Vergleich zum Vorjahr – 2023 waren es noch 261.000 Euro – drastisch geringeren Kaufpreis erzielen konnten. Allerdings mussten die Existenzgründer im Vergleich zum Vorjahr viel tiefer in die Tasche greifen für notwendige Investitionen – hier stieg die Summe von 127.000 Euro auf 226.000 Euro.

Beim Blick auf die 50 in 2024 finanzierten BAG-Einstiege offenbart sich, dass das Neu-Mitglied mit insgesamt 293.000 Euro 109.000 Euro weniger berappen musste als die BAG-Einsteiger in 2023. Bei der Aufnahme eines neuen Mitglieds in eine bereits bestehende Praxis (Einzelpraxis oder BAG) handelt es sich um einen BAG-Einstieg als einen speziellen Fall einer Praxisübernahme: Das neue Mitglied kauft sich mit seinem Anteil in eine etablierte Praxis ein, d. h. eine etablierte Einzelpraxis oder BAG wird durch den Einstieg eines neuen Praxispartners erweitert. Oder aber das neue Mitglied übernimmt den Anteil eines ausscheidenden Mitglieds der BAG, die Anzahl der Inhaber bleibt in diesem Falle unverändert.

Beim BAG-Einstieg handelte es sich 2024 um die dritthäufigste Form der Existenzgründung. Da die apoBank 2024 nur insgesamt 24 Einzelpraxisneugründungen finanzierte, ist das diesbezügliche Datenmaterial für sich wenig aussagekräftig. Im Median ließen sich die Existenzgründer ihre Erstniederlassung 690.000 Euro kosten – 67.000 Euro weniger als 2023.

Trend zur Anstellung spiegelt sich in Praxisgrößen wider

Zwar wollen noch immer viele zahnärztliche Existenzgründer allein in ihrer Einzelpraxis versorgen, aber immer mehr setzen auch auf die 2007 durch das VÄndG erleichterte Anstellung von Kolleginnen und Kollegen in der Praxis. Denn den Kurs der Einzelpraxis bestimmt weiter allein der Praxischef. Diesen Trend kommentiert auch der InvestMonitor: „Die Neugründung einer Zahnarztpraxis umfasst ein ganzes Bündel an Investitionen, beispielsweise in Dentaleinheiten oder die Einrichtung einer bestimmten Anzahl von Praxisräumen. Die in der betrieblichen Kosten- und Leistungsrechnung beschriebene Mengenkomponente kann recht gut durch den Begriff der ‚Praxisgröße‘ charakterisiert werden. Zu berücksichtigen ist, dass die durchschnittliche Praxisgröße im Zeitverlauf keineswegs konstant ist, sondern sich kontinuierlich verändert, was dann wiederum Einfluss auf das durchschnittliche Investitionsvolumen hat.“

Der Beginn der zweiten wachstumsdynamischen Phase ab 2007 falle eindeutig mit dem VÄndG zusammen, so die Autoren. Die neu eröffneten Optionen hatten und haben demnach seitdem spürbaren Einfluss auf den Zuschnitt der neugegründeten Zahnarztpraxen. Dies gelte vor allem für die Einzelpraxen, die nun prospektiv größer geplant würden, indem spätere Anstellungsmöglichkeiten bereits von Anfang an mitbedacht würden. Dadurch erhöhe sich in der Regel die bei der Existenzgründung eingeplante Anzahl der Behandlungsräume und Dentaleinheiten. Die Praxisgrößenentwicklung der letzten Dekade lässt sich anhand von Daten aus dem Zahnärzte-Praxis-Panel (ZÄPP 2025) nachzeichnen.

Der Vergleich von Zahnarztpraxen, deren Gründung bereits mehr als 10 Jahre zurückliegt, mit frisch gegründeten Einheiten – deren Gründung vor weniger als zwei Jahren erfolgte –, verdeutlicht, dass die jüngeren Praxen, gemessen an der Raumfläche in Quadratmetern, deutlich größer sind. Konkret weisen Neupraxen im Schnitt eine Fläche von 202 Quadratmetern auf, bei den Altpraxen sind es 150 Quadratmeter. Auch ist die Anzahl angestellter Zahnärzte in den jüngst gegründeten Praxen mit im Schnitt 0,39 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) erheblich größer als in bereits länger etablierten Praxen mit 0,22 VZÄ.

Investitionsvolumina bei Anstellungsabsicht wesentlich höher

Die Dichotomie von Praxen, die eine Anstellung von Zahnärzten von Beginn an planen, versus Praxen ohne angestellte Zahnärzte trage auch zu der recht hohen Streuung der Investitionsvolumina bei. „Während die Einzelpraxisneugründungen ohne angestellte Zahnärzte im Jahr 2024 bereits ab einem Investitionsvolumen von 350.000 Euro realisiert wurden, erforderten Einzelpraxisneugründungen unter Einbezug (geplanter) angestellter Zahnärzte mindestens ein Investitionsvolumen von 485.000 Euro. Allerdings zeigt die extrem breite Streuung der Investitionsvolumina insbesondere bei den Praxen ohne angestellte Zahnärzte, dass hier auch noch weitere Aspekte zu einer Erhöhung der Investitionsbeträge beitragen, so im Beispiel der Praxis mit einem Investitionsaufwand von 1,8 Millionen Euro eine ausgeprägte kostenintensive Technisierung der Praxis“, lässt sich dazu im InvestMonitor nachlesen.

Die statistische Auswertung der Finanzierungsfälle von neugegründeten Einzelpraxen führt laut IDZ vor Augen, dass sich die Rechtsform der Einzelpraxis in wirtschaftlicher Hinsicht kaum noch eindeutig von BAG abgrenzen lasse. Während allerdings bei den BAG mit zwei oder mehr Inhabern die Finanzierungslast auf mehrere Schultern verteilt werde, habe bei der Einzelpraxis mit angestellten Zahnärzten der eine Inhaber den kompletten Investitionsaufwand allein zu stemmen. Die Einzelpraxis von heute sei wirtschaftlich und organisatorisch in vielen Fällen nicht mehr mit der Einzelpraxis der letzten Dekade des vergangenen Jahrtausends zu vergleichen, mahnen die Autoren die Leser des InvestMonitor, sich beim Begutachten des Zahlenmaterials stets in Erinnerung zu rufen.

Auch wenn jede vertragszahnärztliche Existenzgründung von mannigfachen persönlichen Erwartungen und Ansprüchen abhängt, lohnt sich ein Blick in das Zahlenmaterial auf alle Fälle. In ihrem Geschäftsbericht 2024/2025 schreibt die KZBV zum Beispiel: „Der InvestMonitor Zahnarztpraxis hat sich über die Jahre zu einer sehr gefragten Informations- quelle für niederlassungswillige Zahnärztinnen und Zahnärzte entwickelt und auch in der Unternehmens- und Steuerberatung wird gerne auf die ‚Benchmarks‘ des InvestMonitor zurückgegriffen. Die Dentalindustrie nutzt die Daten ebenso wie die Standespolitik.“

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