Tipps für die Praxis: So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter

Eine Strategie und ihre Weiterentwicklung sind der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg einer Praxis. Doch im Alltag kommt das oft zu kurz. Zwei Praxisberater geben Tipps, wie Ärztinnen und Ärzte vorgehen können.

Hausärztin Dr. Lucia Bachner legt viel Wert darauf, die Abrechnungsergebnisse ihrer Kölner Praxis transparent im Team zu kommunizieren. „Nur, wenn meine Mitarbeitenden wissen, wie viele IGeL-Leistungen wir im Jahr 2024 den Patienten angeboten haben, können sie sich auch mit den definierten Zielen für 2025 identifizieren“, sagt die Fachärztin für Allgemeinmedizin. Oder wenn die 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an beiden Standorten zum Beispiel Einblick haben in die Dynamik der Patientenzahl in der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV). Sie beobachtet, dass Kollegen aus anderen Praxen „weniger offen mit ihren Zahlen umgehen.“

Transparenz und Kommunikation ist nur ein Teil der Praxisstrategie, die Bachner und ihr Team vor etwa zweieinhalb Jahren zusammen mit einem externen Berater erarbeitet haben – dem auf Ärzte und Zahnärzte spezialisierten Unternehmensberater Jonas Kock.

Die brennendsten Themen zuerst klären

Auslöser war eine „schwierige finanzielle Situation“ nach der Eröffnung ihres zweiten Standorts im Kölner Stadtteil Poll, nachdem die seit acht Jahren existierende Praxis in der Innenstadt quasi aus allen Nähten geplatzt und keine neuen Aufnahmen mehr möglich waren. Bachner erinnert sich: „Die Bauarbeiten hatten sich um drei Monate verzögert, aber meine Personalkosten liefen weiter.“

Im Coachingprozess kümmerten sie sich zusammen zunächst um die „brennenden Themen“ und anschließend um eine Jahresplanung für die Praxis. Es geht ihr unter anderem darum, die Mitarbeiter zu motivieren und den Anteil der Privatpatienten sowie die Erträge der Praxisstandorte zu erhöhen. Und darum, ihre Vision einer „sehr guten medizinischen Versorgung mit einer ganzheitlichen Betreuung durch ein zufriedenes Team“ auf Jahresziele herunterzubrechen.

Es geht nur gemeinsam

Eine Praxisstrategie aufzusetzen und zu leben, ist nicht selbstverständlich. So hat eine Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) unter 400 selbstständigen Heilberuflerinnen und Heilberuflern unter anderem ergeben, dass drei Prozent der Arbeitszeit auf die strategische Weiterentwicklung der Praxis entfallen. Die Befragten kamen zu je 25 Prozent aus den Bereichen Allgemein-, Fach- und Zahnmedizin sowie Pharmazie.

Praxisberater Marcel Berger von der apoBank in Düsseldorf hält einen Zeitaufwand von drei Prozent in größeren Praxen für zu gering: „Das entspricht einer Stunde pro Woche. In Einzelpraxen mag das ausreichend sein. Aber je größer die Praxis ist, desto mehr Zeit muss ich für die strategische Weiterentwicklung aufwenden.“ Dazu gehöre auch, gemeinsam mit dem Team über mögliche Anpassungen nachzudenken. Und das komme oftmals zu kurz. Berger bezeichnet eine Strategie als Schlüssel zum Erfolg jeder Praxis: „Eine gut durchdachte Praxisstrategie hilft, knappe Ressourcen bestmöglich einzusetzen, und ist entscheidend für den nachhaltigen Erfolg einer Praxis. Sie führt bei allen Beteiligten zu mehr Zufriedenheit – ob Inhaber, Mitarbeiter oder Patienten.“

Für Unternehmensberater Jonas Kock ist die Praxisstrategie das Fundament von allem. „Jede Praxis braucht eine Strategie – sie muss wissen, wohin sie will und wie sie das erreichen kann“, sagt der Inhaber und Geschäftsführer von Kock Consulting (ehemals Kock + Voeste) aus Berlin. Er schätzt, dass rund 70 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte keine Praxisstrategie haben: „Oft sind das Einzelpraxen. Diese sind eher ein Spielball der Ereignisse um sie herum.“

Der auf Ärzte und Zahnärzte spezialisierte Versicherungs- und Wirtschaftsberater Harald Heidrich von Heidrich Consult aus Hannover betont ebenfalls die Wichtigkeit einer Praxisstrategie: „Sie ist die Grundlage für den dauerhaften Erfolg einer Arztpraxis. Ohne sie passiert alles zufällig oder eben gar nicht.“ Die Strategie sollte auf drei bis fünf Jahre angelegt und auf schriftlich fixierte Jahresziele heruntergebrochen werden.

Erst die Vision, dann die Ziele

Aber wie können Praxisinhaberinnen und -inhaber eine Strategie entwickeln? Der Weg dorthin führt über ein Wunschbild für die Praxis. „In einem Workshop entwickeln wir die Werte der Praxis“, sagt Berger. Das könne zum Beispiel sein, zufriedene Patienten und ein motiviertes Team zu haben. Letzteres ist in Zeiten des Fachkräftemangels besonders wichtig. Im zweiten Schritt gehe es darum, aus der Vision strategische Ziele für unterschiedliche Bereiche zu erarbeiten: für Umsatz und Gewinn, Investitionen in Geräte, Mitarbeitende, Patientinnen und Patienten, Marketing, Prozesse, Digitalisierung und Qualitätsmanagement.

„Wie möchte ich zum Beispiel neue Patienten ansprechen? Wie gestalte ich die Prozesse vom ersten Kontakt bis zur Vereinbarung eines Folgetermins effektiver“, konkretisiert der Praxisberater.
Beispiel: Ein Hausarzt mit einem älteren Patientenstamm könnte das Ziel haben, die jüngeren Familienmitglieder seiner Patienten zu erschließen. „Dann definiert man im Marketing einen Wunschpatienten und überlegt, wie der mich findet“, sagt Berger. Vielleicht geschehe das in der Stadt per Suchmaschine, auf dem Land über einen Sportverein. Berger: „Welche Erwartungen hat diese Person an meine Praxis? Möchte sie online Termine vereinbaren, und biete ich das an?“ Wenn nicht, gehöre das in die Digitalisierungs-Strategie.

Vergleich mit Wettbewerbspraxen

Kock empfiehlt, zunächst den Status quo aufzunehmen, indem man die eigene Praxis mit den Wettbewerbs-Praxen vergleicht, etwa über externe Berater oder eine Mitarbeiter-Befragung. „Nun definiert man: Was möchte ich konkret erreichen und wie geht das“, sagt Kock. Dabei helfen Fragen an sich selbst. „Bin ich mit meinem wirtschaftlichen Erfolg zufrieden? Wie wohl fühlen sich meine Mitarbeitenden? Wie offen bin ich in Sachen Digitalisierung“, nennt Kock Beispiele. Und fährt fort: „Arbeiten meine produktiven Leute am Patienten oder sind sie mit der Verwaltung beschäftigt? Habe ich Probleme, Personal zu finden?“ Die Informationen zum Status quo sollten Praxisinhaber transparent mit dem Team teilen, denn „so steigt die Bereitschaft, die Strategie mitzutragen.“

Diese Fragen sollten Sie vorab beantworten

Beim Entwickeln einer Praxisstrategie sollten sich die Inhaber vorab einige Fragen stellen. Praxisberater Marcel Berger nennt Beispiele:

„Die wichtigste Frage ist, welche Medizin ich meinen Patienten anbieten möchte. Wie muss es ablaufen, damit ich gerne in die Praxis komme?“ Dazu gehört auch die Frage nach der gewünschten Arbeitsatmosphäre.

  • Wie aufgeschlossen ist die Praxis gegenüber Kooperationen?
  • Wie hoch ist die eigene Flexibilität?
  • Welche Mittel stehen der Praxis zur Verfügung?

 „Und immer häufiger kommt die Frage auf, wie kann ich meine Praxis nachhaltiger aufstellen“, sagt Berger.

Quelle: www.aerztezeitung.de

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